FEV Zero CO₂ Mobility Conference: Bis 2035 kein fossiler Kraftstoff mehr an der Tankstelle – Ersatz durch nachhaltige Energieträger
Aachen/Berlin, Januar 2024 – Die EU ist momentan nicht „Fit for 55“, also für ihr selbstgestecktes Ziel, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken – vor allem beim Blick auf die Emissionseinsparungen im Mobilitätssektor. So der Tenor bei der siebten internationalen FEV Fachkonferenz „Zero CO2 Mobility“ in Berlin. Zwar sind mit batterieelektrischen und wasserstoffbasierten Antrieben die notwendigen Technologien und Werkzeuge für eine erfolgreiche Mobilitätswende vorhanden, jedoch vollzieht sich der Abschied von fossilen Energieträgern deutlich zu langsam. FEV, ein global führender Innovationstreiber für nachhaltige Mobilitäts- und Energielösungen vermisst – wie auch die übrigen Konferenzteilnehmer – insbesondere die regulatorischen Rahmenbedingungen, um den Weg in eine emissionsfreie Mobilität mit Planungssicherheit gehen zu können.
Fossile Kraftstoffe an der Tankstelle müssen schnellstmöglich durch nachhaltige Energieträger ersetzt werden. Dazu zählen sowohl regenerativer Strom als auch nicht-fossile Kraftstoffe. Hintergrund ist die zeitnahe Etablierung eines breiten, intelligenten Technologieportfolios im Mobilitätssektor, bestehend aus BEV, hybrid-BEV und Brennstoffzelle. Hinzu kommen mit Wasserstoff oder E-Fuels angetriebene Verbrennungsmotoren sowie SAF (Sustainable Aviation Fuel) für den Einsatz in der Luftfahrtindustrie.
„Statt der im Pariser Klimaschutzabkommen festgeschriebenen 1,5 Grad steuern wir momentan eher auf 4 Grad Erwärmung zu“, machte Dr. Norbert W. Alt, COO von FEV und Gastgeber der Konferenz, in seiner Keynote deutlich. „Wir sind viel zu langsam. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, den Betrieb von klassischen Verbrenner-Fahrzeugen mit fossilen Kraftstoffen in der Pkw- und leichte Nfz-Bestandsflotte von weltweit mehr als 1,4 Milliarden Fahrzeugen so schnell wie möglich durch nachhaltige Energieträger zu ersetzen. Daher werden aktuell nicht nur Pkw, sondern auch leichte und schwere Nutzfahrzeuge für die Langstrecke elektrifiziert.”
Einen Schritt weiter gehen Forderungen der jungen Generation, auf der Konferenz durch „Fridays For Future“ vertreten, nach einer vollständigen Mobilitätswende. Führt man sich vor Augen, dass weite Teile der Innenstädte weltweit von Fahrzeugen belegt sind, die durchschnittlich 23 Stunden am Tag parken, wird klar, dass neue Technologien zur Fortsetzung der bekannten Individualmobilität allein nicht ausreichen. Als Enabler der Mobilitätswende könnten sie nur dann voll zum Tragen kommen, wenn gleichzeitig eine Verhaltenswende einsetze. Demnach müssten sich Future-Mobility-Konzepte im urbanen Umfeld vom Individualverkehr verabschieden und stattdessen weitestgehend auf Shared Mobility sowie ÖPNV setzen. So überzeuge sie auch die junge Generation als künftige Kunden.
Windkraft, PV und grüner Wasserstoff als „Treibstoffe“ der Zukunft
Klimaneutral erzeugter „grüner“ Wasserstoff ist der zentrale Energieträger und Hebel für die Mobilitäts- und Energiewende. Während sich die Batterietechnologie mit regenerativem Strom im Pkw zunehmend durchsetzen wird, kommt Wasserstoff für Nutzfahrzeuge als Alternativtechnologie zur Batterie in der Anwendung für Brennstoffzellen und Verbrennungsmotoren in Frage. Beim PKW werden die reinen BEV ab ca. 2030 die Neuwagenflotte weltweit dominieren. Flankiert werden sie von sogenannten Hybrid-BEV. Diese seriellen Hybride können konventionelle Verbrenner im Alltag durch den Betrieb von bis zu 90 Prozent im elektrischen Modus und dadurch signifikant reduzierten CO2-Emissionen ersetzen. Gleichzeitig erfüllen sie extreme Anforderungen an die Reichweite, beispielsweise auch im Anhängerbetrieb mit SUV. In China haben diese seriellen Hybride aktuell einen Marktanteil von 30 Prozent bei den sogenannten NEV (New Energy Vehicle) mit Batterien erzielt. Idealerweise werden deren Verbrennungsmotoren mit H2-basierten E-Fuels betrieben.
E-Fuels sind zudem als Wasserstoff-Derivate aufgrund ihrer hohen Energiedichte in Form von E-Kerosin für nachhaltigen Flugkraftstoff (SAF) und als E-Methanol für die Schifffahrt interessant. Der Offroad-Sektor wiederum ist in Bezug auf die benötigten Tagesreichweiten und -laufzeiten sehr stark diversifiziert: Während bei kleinen Baumaschinen, Aufsitzmähern oder Traktoren für Spezialkulturen Batterien durchaus sinnvoll sind, kommen sie bei größeren Leistungen ab rund 50 kW nicht mehr in Frage. Eine interessante Blaupause, wie man aus dem Primärenergieträger Wasserstoff unterschiedliche Bedarfsträger bedienen kann, war der auf der Konferenz vorgestellte wasserstoffbetriebene Off-Grid-Charger: Mit ihm lässt sich jede Wasserstofftankstelle zum Schnellladegerät für BEVs (Battery Electric Vehicles) aufrüsten. Im Zusammenspiel mit einem mobilen Wasserstoff-Versorgungscontainer ist darüber hinaus ein völlig autarker Betrieb möglich.
Statt eines zeitraubenden Wettrennens zwischen einzelnen Lösungen und politischen Detaildiskussionen ist die Mobilitätswende auf ein intelligentes Technologieportfolio angewiesen, das für jede Anwendung die optimale Lösung bereithält, so die Ansicht der Konferenzteilnehmer. Gemeinsames Ziel für alle Technologieoptionen ist der Ersatz des Einsatzes von fossilen durch nachhaltige Energieträger. Einigkeit herrschte ebenso darüber, dass die meisten der dafür benötigten Strategien und Werkzeuge bereits verfügbar sind.
Die Rahmenbedingungen müssen stimmen
Allerdings sind nachhaltige Energieträger und Technologien derzeit zu teuer für einen flächendeckenden Einsatz. Damit die Defossilisierung des Fahrzeugsektors die nötige Geschwindigkeit aufnehmen kann, müssen sie durch umfangreiche Investitionen hochskaliert und damit am Markt wettbewerbsfähig gemacht werden. Beispielsweise benötigen allein die Dünger- und Stahlproduktion sowie Schiff- und Flugzeugkraftstoffe 300 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr, um nachhaltig zu werden. Beispiele, wie Wasserstoff künftig in solch großen Mengen wirtschaftlich attraktiv aus Wind- und Solarkraft produziert werden kann, wurden auf der Konferenz anhand zweier Großprojekte auf dem afrikanischen Kontinent vorgestellt. Aber auch für das Inland pochten die Experten auf einen schnelleren Ausbau bei Elektrolyseur-Kapazitäten und Wasserstoff-Tankstellen. Was in ihren Augen derzeit fehlt, sind verlässliche politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, um solche Vorhaben mit Investitionssicherheit angehen zu können.
Als kostengünstige und vor allem schnelle Lösung diskutierten die Teilnehmer die Umrüstung bereits vorhandener Erdgas-Infrastruktur für die Lagerung und Distribution von Wasserstoff. Da bestehende Genehmigungen auch für Wasserstoff gelten, verspricht diese Vorgehensweise im Vergleich zum Neubau eine deutliche Zeitersparnis. Gleichzeitig wären die Eingriffe in die Natur, beispielsweise durch Baggerarbeiten, und die Störung der Anwohner minimal.
Auf dem Gebiet der BEVs könnten Feststoffbatterien in Sachen Energiedichte, Haltbarkeit und Sicherheit einen Quantensprung bedeuten. Auch hier geht es um Skaleneffekte bei der Zellfertigung, um diese neue Batteriegeneration zu wettbewerbsfähigen Kosten anbieten zu können. Auf der Konferenz wurden zudem Lösungen zu einem sinnvollen Ladeverhalten von Elektrofahrzeugen (Laden so schnell wie nötig, nicht so schnell wie möglich) und zur Bereitstellung nachhaltiger elektrischer Energie für die Mobilität dargestellt und diskutiert.
Der Druck auf ein niedrigeres Kostenniveau muss von der regulatorischen Seite kommen, beispielsweise über eine – möglichst global harmonisierte – CO2-Bepreisung, die zur Durchsetzung nachhaltiger Lösungen verwendet wird. Finanzierungsmodelle, die besondere Anreize für grüne Investitionen geben, könnten ein weiterer Baustein für eine schnellere Dekarbonisierung sein.
Ganzheitliches Denken ist gefragt
Damit Klimaschutz gelingen kann, müssen alle Beteiligten ganzheitlich denken und planen – die Fokussierung auf Tank-to-Wheel- oder Tailpipe-Emissionen greift deutlich zu kurz: Stattdessen muss der gesamte ökologische Fußabdruck eines Transportmittels über seinen kompletten Lebenszyklus auf den Prüfstand gestellt werden (LCA – Life Cycle Assessment). Dazu gehören nicht nur die nachhaltige Erzeugung, Lagerung und Distribution von Elektrizität und grünen Kraftstoffen, sondern die gesamte automobile Wertschöpfungskette von der Entwicklung über die Produktion bis hin zum Recycling („cradle-to-grave“). Mit der Analyse der gesamten CO2-Bilanz schaffen immer mehr Marktteilnehmer Transparenz über die wirkliche Nachhaltigkeit ihrer Technologie. In Bezug auf den CO2-Rucksack eines Elektrofahrzeuges in der Produktion wurden in einem Modell einer nachhaltigen Industrie nur noch 2000 Kilometer erforderliche Fahrstrecke zum Ausgleich mit den CO2 Emissionen eines konventionellen Verbrenner-Fahrzeuges avisiert.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass „Fit for 55“ mit den entsprechenden Maßnahmen nach wie vor ein erreichbares wie notwendiges Ziel darstellt, um dem Klimawandel effektiv entgegenzuwirken. Die notwendigen Technologien sind grundsätzlich entwickelt und vorhanden, müssen allerdings in die Breite der OEM-Produktportfolios hineinentwickelt werden – nun liegt es an der Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, um eine großflächige Verbreitung, Marktdurchdringung und Planungssicherheit schnellstmöglich zu realisieren
„Statt der im Pariser Klimaschutzabkommen festgeschriebenen 1,5 Grad steuern wir momentan eher auf 4 Grad Erwärmung zu!“ Dr. Norbert W. Alt, COO von FEV und Gastgeber der 7. Zero CO2 Mobility Conference bei seiner Keynote.
Über FEV
FEV verschiebt Grenzen.
FEV ist ein global führender Entwicklungsdienstleister im Automobilsektor und Innovationstreiber für unterschiedliche Industriezweige. Professor Franz Pischinger legte dafür den Grundstein, indem er seinen akademischen und technischen Hintergrund mit seiner Vision für kontinuierlichen Fortschritt verband. Das Unternehmen entwickelt seit 1978 technologische und strategische Lösungen für die größten Automobilhersteller der Welt sowie Kunden im gesamten Transport- und Mobilitätsökosystem.
Die Welt entwickelt sich kontinuierlich weiter. FEV ebenso.
Deshalb setzt FEV sein technologisches und strategisches Know-how auch in anderen Bereichen ein und transferiert seinen zukunftsorientierten Ansatz in die Luft- und Raumfahrt sowie Energiesektoren. Durch seine Software- und Systemkompetenz nimmt das Unternehmen zudem eine Vorreiterrolle ein und macht intelligente Lösungen für jedermann erlebbar. FEV bringt hochqualifizierte Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Fachgebieten zusammen, um den Herausforderungen von heute und von morgen zu begegnen.
FEV bleibt nicht stehen.
Auch in Zukunft wird FEV die Grenzen der Innovation verschieben. Mit seinen 7.000 Mitarbeiter:innen an mehr als 40 Standorten weltweit entwickelt FEV Lösungen, die nicht nur die Bedürfnisse von heute, sondern auch die von morgen erfüllen. Letztlich bleibt FEV niemals stehen – für eine bessere, saubere Zukunft, auf Basis nachhaltiger Mobilität und Energie sowie intelligenter Software. Für seine Unternehmenspartner, seine Mitarbeiter:innen und die Welt.
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